Hinweis: Grundlegende Empfehlungen zur Dokumentation einer Diagnosemeldung finden sie im Kapitel Diagnose. In den folgenden Abschnitten werden entitätsspezifische Merkmale beschrieben.
Autorenschaft: Jeanett Eiber, Jeannette Opitz, André Quaas, Dr. Ann-Kathrin Mayr-Nottbohm, Thorsten Wicker
Meldepflichtig sindalle “Bösartige Neubildung der Bronchien und der Lunge” nach aktueller Version der ICD-10-GM1: C34.- und Karzinome in situ des Bronchus und der Lunge: D02.2.
Nicht meldepflichtig sind gutartige Neubildungen: D14.3 und Neubildungen unsicheren oder unbekannten Verhaltens: D38.1.
Biologisches Verhalten (Dignitätskode) der Lunge nach ICD-O
An die klinischen Krebsregister sollen nur Tumoren der Lunge gemeldet werden, die in 5. Stelle des Morphologie-Schlüssels mindestens ein biologische Verhalten von /2 (Bsp.: 8140/2) haben.
Die Kodierung des biologische Verhaltens (Dignitäts- oder Behaviorkode) erfolgt über die Tumorzuordnung des Primärtumors, unabhängig vom Entnahmeort des Untersuchungsmaterials:
/2 Carcinoma in situ, intraepithelial, nichtinfiltrierend, nichtinvasiv
/3 maligne/bösartig, Primärtumor (inkl. /6: maligne/bösartig, Metastase, Sekundärtumor und /9: maligne/bösartig, unsicher, ob Primärtumor oder Metastase. /6 und /9 werden nicht in Krebsregistern verwendet.)
ICD-O-3 Topographie und Seitenlokalisation
Der topographische Kode verweist auf den Ursprungsort der Neoplasie, auf die Stelle, an der die Neoplasie entstanden ist.2
Entsprechend der Liste der paarigen Organe3 ist zur Fallidentifizierung und -Zuordnung die Seitenlokalisation bei Tumoren der Lunge grundsätzlich anzugeben.
*Die Lunge beginnt am Lungenhilus, lateral der Luftröhre (Trachea – ICD-10-Code C33). Diese verzweigt sich in der Bifurkation in die beiden Hauptbronchien (ICD-10-Code C34.0). Tumoren die genau mittig der Bifurkation sitzen und keiner Seite der Hauptbronchien zuzuordnen sind, können in diesen selten Fällen, sofern es die Dokumentationssoftware zulässt, mit „M“ (Mitte) in der Seitenlokalisation kodiert werden
Liegen mindestens zwei gleiche Tumoren (Tumorherde, Tumormanifestationen) derselben Seite in unterschiedlichen Sublokalisationen der Lunge vor und werden diese als eine Tumorerkrankung diagnostiziert, sind diese mit der (Sub-)Lokalisation des größten Tumorherdes zu verschlüsseln und deren genaue Anzahl (oder wenn ohne genaue Anzahl mit „m“) im m-Symbol des TNM (nach der T-Kategorie) zu kodieren.
C34.9 wird nur angegeben, wenn Tumorzellen histologisch, molekulargenetisch oder andere Untersuchungen der Lunge zugeordnet werden können, aber der genaue Sitz nicht diagnostiziert werden kann.
Histologische Differenzierung der Lungenkarzinome
Lungenkarzinome werden grundlegend in nicht kleinzellige Karzinome (NSCC) und kleinzellige Karzinome (SCLC) eingeteilt. Das nicht kleinzellige Karzinom (8046/3) ist ein Sammelbegriff, der verwendet wird, wenn die weitere Differenzierung nicht oder noch nicht möglich ist, insbesondere bei Biopsien/Zytologien. Es handelt sich hier nicht um eine eigenständige Tumorentität.
Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Gruppen wird auch heute noch mit Bezug auf unterschiedliche Therapieansätze vorgenommen. Stark vereinfacht:
Nicht-Kleinzeller:
wenn operabel → operative Therapie
Stadien abhängig Chemotherapie, zielgerichtete Therapien und Strahlentherapie
Kleinzeller:
Operative Verfahren nur im Stadium I/II (optional)
Chemo- und Strahlentherapie, bisher keine zielgerichteten Therapien
Terminologie und Kodierung der Morphologie der Lunge - Tabelle 1
Eine genaue histologische Klassifizierung von Lungenkarzinomen ist für die weitere Therapie essenziell. Diese Klassifizierung ist aber anhand von kleinen Biopsien oder Zytologien nicht immer vollumfänglich möglich, da möglicherweise nicht alle für die Klassifizierung relevanten Tumormerkmale in der Gewebeprobe erfasst wurden oder bestimmte ergänzende Untersuchungen aufgrund der Materialgröße nicht möglich sind. Daher ergeben sich Unterschiede in der Klassifizierung zwischen Biopsien / Zytologien im Gegensatz zu Resektaten. Auch sind einige histologische Klassifizierungen an der Biopsie nicht möglich, da die Diagnose einen prozentualen Mindestanteil benötigt (z.B. adenosquamöses Karzinom, kolloidales Adenokarzinom etc.). Hierdurch ergeben sich Herausforderungen in der Tumordokumentation. So müssen zum Teil auch unspezifische Morphologiecodes zum Einsatz kommen, obgleich eine spezifischere Differenzierung bereits in der Materialprobe sichtbar ist.
Eine Abweichung der Morphologie zwischen Biopsie und Resektat soll nicht automatisch zur Dokumentation eines Zweittumors führen.
Die folgende Tabelle2,4-6 dient der Übersicht der histologischen Typen mit den entsprechenden diagnostischen Gegebenheiten, unter anderem auch durch die Materialart (Biopsie/ Zytologie versus Resektat). Dabei sind die einzelnen histologischen Typen Gruppen zugeordnet, die farblich wie folgt unterschieden und gekennzeichnet sind.
8140/3 Adenokarzinom mit Auflistung der Wachstumsmuster
8250/2 (zumindest)
Adenokarzinom mit ausschließlich lepidischem Wachstumsmuster (in situ Wachstumsmuster) → im Resektat in situ Karzinom, minimalinvasives und invasives Karzinom möglich
8046/3 Nichtkleinzelliges Karzinom, am ehesten Adenokarzinom (Immunmarker positiv)
Nichtmuzinöse Adenokarzinome der Lunge weisen gewöhnlich einen komplexen Mix an Wachstumsmustern auf (lepidisch, azinär, papillär, mikropapillär und solide). Jede Komponente soll im Befund aufgeführt werden in 5-10% Schritten. Die Karzinome werden nach dem prädominanten Wachstumsmuster klassifiziert.
Definition Adenocarcinoma in situ (muzinös und nichtmuzinös): ≤ 30 mm groß, ausschließlich lepidisches Wachstumsmuster. Keine Invasion. Diagnose nur am Resektat möglich.
Definition minimal invasives Adenokarzinom (muzinös und nicht-muzinös): ≤ 30 mm groß, prädominant lepidisches Wachstumsmuster, ≤ 5mm Invasion.
Adenokarzinom (muzinös)
8253/3 Muzinöses Adenokarzinom mit Auflistung der Wachstumsmuster
8253/2 (zumindest)
Adenokarzinom mit ausschließlich lepidischem Wachstumsmuster (in situ Wachstumsmuster) → im Resektat in situ Karzinom, minimalinvasives und invasives Karzinom möglich.
8253/2 Adenokarzinom in situ, muzinös
8257/3 minimal invasives Adenokarzinom, muzinös
8253/3 muzinöses Adenokarzinom
Häufig multifokale, multilobuläre und bilaterale Tumoren.
Zylinderepithelien oder Becherzellen mit reichlich intrazytoplasmatischen Muzin. Muzingefüllte Alveolen. Häufig lepidisches Muster, aber auch azinär, papillär, mikropapillär, solide und kribriform.
Gemischtes muzinöses und nicht-muzinöses Adenokarzinom der Lunge
8254/3 Gemischtes muzinöses und nicht-muzinöses Adenokarzinom der Lunge
Eventuell nur eine Komponente erfasst, dann entsprechende Morphologie-Codes s.o. unter muzinöses und nicht-muzinöses Adenokarzinom
8254/3 Gemischtes muzinöses und nicht-muzinöses Adenokarzinom der Lunge
Voraussetzung: Von jeder Tumorkomponente mindestens 10 %.
Kolloidales Adenokarzinom
Adenokarzinom mit kolloiden Merkmalen
Vergabe spezifischer Morphologie-Code nicht möglich, daher ausweichen auf unspezifischere Codes nötig:
8140/3 Adenokarzinom o.n.A.
oder
8253/3 muzinöses Adenokarzinom
oder
8046/3 Nichtkleinzelliges Karzinom
8480/3 kolloidales Adenokarzinom
Ausgedehnte Seen extrazellulären Muzin mit Aufweitung der Alveolen und Zerstörung der Alveolarwände.
Kolloidales Adenokarzinom, wenn mehr als 50% kolloidaler Anteil
Fetales Adenokarzinom
Adenokarzinom mit fetalen Merkmalen
Vergabe eines spezifischen Morphologie-Codes nicht möglich, daher ausweichen auf unspezifischeren Code nötig:
8140/3 Adenokarzinom o.n.A.
oder
8046/3 Nichtkleinzelliges Karzinom
8333/3 fetales Adenokarzinom
Morphologie wie im pseudoglandulären Stadium der Lungenentwicklung.
Fetales Adenokarzinom, wenn > 50% Anteil eines fetalen Adenokarzinoms
Adenokarzinom vom intestinalen Typ
Adenokarzinom mit intestinalen Merkmalen
Vergabe spezifischer Morphologie-Code nicht möglich, daher ausweichen auf unspezifischere Codes nötig:
8140/3 Adenokarzinom o.n.A.
oder
8046/3 Nichtkleinzelliges Karzinom
8144/3 Adenokarzinom vom intestinalen Typ
Adenokarzinom vom intestinalen Typ, wenn mehr als 50% Anteil vom intestinalen Typ
Cave: Bevor ein Lungenkarzinom kodiert wird: Primärtumor aus dem GI-Trakt? Metastase?
Plattenepithelkarzinom
8070/3 Plattenepithelkarzinom NOS
oder
8046/3 Nichtkleinzelliges Karzinom am ehesten Plattenepithelkarzinom (Immunmarker positiv)
oder
8046/3 Nichtkleinzelliges Karzinom
8070/3 Plattenepithelkarzinom, NOS
8071/3 verhornendes Plattenepithelkarzinom
8072/3 nicht verhornendes Plattenepithelkarzinom
8082/3 lymphoepitheliales Karzinom
8083/3 Basaloides Plattenepithelzellkarzinom
Eine Unterteilung nach Wachstumsmuster ist nicht mehr üblich. Unterschieden wird nur noch, ob verhornend oder nicht-verhornend, bzw. zwischen den 2 Subtypen
Basaloides Plattenepithelzellkarzinom,
wenn mehr als 50 % basaloider Anteil.
Adenosquamöses Karzinom
8046/3 Nichtkleinzelliges Karzinom
Morphologisch Plattenepithel- und Adenokarzinom- Komponenten präsent:
Kommentar: ein Adenosquamöses Karzinom ist möglich.
Eventuell auch nur eine Komponente erfasst.
8560/3 Adenosquamöses Karzinom
Zeigt Komponenten eines Plattenepithelkarzinoms und eines Adenokarzinoms (mindestens jeweils 10% Anteil)
Großzelliges Karzinom der Lunge
8046/3 Nichtkleinzelliges Karzinom NOS
8012/3 Großzelliges Karzinom der Lunge
Ausschlussdiagnose.
Undifferenziertes nicht kleinzelliges Karzinom (NSCC) mit fehlender Differenzierung Adenokarzinom, Plattenepithelkarzinom, Riesenzellkarzinom, Spindelzellkarzinom, Pleomorphes Karzinom.
Diagnose nur am Resektat möglich
Sarkomatoide Karzinome
Pleomorphes Karzinom
8046/3 Nichtkleinzelliges Karzinom
Nichtkleinzelliges Karzinom mit Spindelzellen und /oder Riesenzellen
Mindestens 10% Komponente von Spindelzellen und /oder Riesenzellen oder besteht vollständig aus Spindel und/oder Riesenzellen.
Diagnose nur am Resektat
Karzinosarkom
Keine WHO-Empfehlung bezüglich kleiner Biopsien/Zytologien
Daher Kodierung nach der entsprechenden Diagnose im Befundtext.
8980/3 Karzinosarkom
Anteile NSCC (meist Adeno-Ca oder PCa kombiniert mit heterologer Sarkomkomponente (Rhabdomyosarkom, Chondrosarkom, Osteosarkom)
In Kombination mit high-grade neuroendokrinen Karzinomen wird der Tumor als kombiniertes kleinzelliges Karzinom oder kombiniertes großzelliges neuroendokrines Karzinom klassifiziert. Wie beim Kleinzeller als Progress /Transformation möglich
Lungenblastom
Keine WHO-Empfehlung bezüglich kleiner Biopsien/Zytologien
Entweder biphasische Komponenten oder nur einzelne Komponente erfasst.
8972/3 Lungenblastom
Biphasische Morphologie mit gut differenzierter fetaler Adenokarzinomkomponente und primitiven mesenchymalen Stroma
Undifferenzierter Tumor mit häufig Nekrosen, Epitheliale Differenzierung fehlt fast immer, nur in ca. 5% der Fälle Kombination mit NSCLC.
Karzinome vom Speicheldrüsentyp
Metastasierung aus anderen Organen ausschließen.
Keine Beschreibung im WHO Blue book bezüglich gemischter Tumorkomponenten
8200/3 Adenoidzystisches Karzinom der Lunge
8200/3 Adenoidzystisches Karzinom der Lunge
Biphasischer Tumor bestehend aus epithelialer (duktaler) und myoepithelialer Komponente.
8562/3 Epithelial-myoepitheliales Karzinom der Lunge
8562/3 Epithelial-myoepitheliales Karzinom der Lunge
Biphasischer Tumor mit epithelialer Gänge -formender (innere Schicht) und myoepithelialer (äußerer Schicht) Komponente.
8430/3 Mucoepidermoides Karzinom der Lunge
8430/3 Mucoepidermoides Karzinom der Lunge
Aufbau aus Muzin produzierenden Zellen, squamoiden Zellen und intermediate Type Zellen
8310/3 Hyalinisierendes klarzelliges Karzinom der Lunge
8310/3 Hyalinisierendes klarzelliges Karzinom der Lunge
Aufbau aus klarzelligen, eosinophilen Zellen im myxohyalinen und fibrösen Stroma.
8982/3 Myoepitheliales Karzinom
8982/3 Myoepitheliales Karzinom
Neuroendokrine Neoplasien
Kleinzelliges Karzinom
8041/3 Kleinzelliges Karzinom
8041/3 Kleinzelliges Karzinom
Zellgröße: ≤ Durchmesser von 3 Lymphozyten, oval-spindelförmige Zellen, >10 Mitosen /2mm² (im Median 80%), Nekrosen.
Kombiniertes kleinzelliges Karzinom
8045/3 Kombiniertes Kleinzelliges Karzinom
oder nur eine der Komponenten (Kleinzeller oder Nichtkleinzeller) erfasst.
8045/3 Kombiniertes Kleinzelliges Karzinom
8045/3 kombiniertes kleinzelliges Karzinom
Kombinierte kleinzellige Karzinome (Combined SCLC) haben eine zusätzliche Komponente eines nicht kleinzelligen Karzinoms (NSCC), welcher aus folgenden Anteilen bestehen kann: großzelliges neuroendokrines Karzinom (LCNEC), Adenokarzinom, Plattenepithelkarzinom, großzelliges Karzinom, Spindelzellkarzinom, Riesenzellkarzinom
In WHO nicht angegeben: Kombination mit Salivary gland-type carcinomas
Großzelliges neuroendokrines Karzinom
Nichtkleinzelliges Karzinom mit neuroendokriner Morphologie und positiven neuroendokrinen Marker, möglicherweise großzelliges neuroendokrines Karzinom
8046/3 Nichtkleinzelliges Karzinom
8013/3 Großzelliges neuroendokrines Karzinom
Neuroendokrine Morphologie, nicht kleinzellige Zytologie; >10 Mitosen/2mm² (Median 70).
Positive Immunhistochemie mindestens eines neuroendokrinen Markers
Kombiniertes großzelliges Karzinom
Großzelliges neuroendokrines Karzinom
Zum Teil nichtkleinzelliges Karzinom mit neuroendokriner Morphologie und positiven neuroendokrinen Marker, möglicherweise großzelliges neuroendokrines Karzinom. Oder nur eine der Komponenten erfasst.
Kombiniertes großzelliges neuroendokrines Karzinom: am häufigsten mit Adenokarzinomen zusammen, aber auch mit allen anderen nicht neuroendokrinen NSCLC.
Karzinoid (neuroendokriner Tumor)
8240/3 Karzinoid Tumor, NOS/ Neuroendokriner Tumor, NOS
8249/3 Atypisches Karzinoid/ Neuroendokriner Tumor Grad 2
-90 % der Tumore werden reseziert, daher Einordnung am Resektat. Kombiniert mit nicht neuroendokriner Tumorkomponente ungewöhnlich.
-Einordnung zwischen typisches Karzinoid und atypisches Karzinoid an Biopsie und Zytologie häufig nicht möglich àdann Karzinoid Tumor, NOS
Entscheidungshilfe zur Dokumentation von Lungentumoren bei Mehrfachangaben zum histologischen Typen
In der Krebsregistrierung kann die Dokumentation von Lungentumoren Schwierigkeiten bereiten, da durchaus mehrere Gewebeproben /Zytologien mit abweichender histologischer Kodierung vorliegen können, so dass die Entscheidung, ob ein oder zwei Tumoren vorhanden sind, weiterer Instrumente bedarf. Die ansonsten gebräuchliche „Bergtabelle“7, mit Zuordnung der Histologien zu Gruppen, stößt hier an ihre Grenze.
Grundsätzlich sind immer die Angaben des Behandlers/Diagnostikers zu berücksichtigen (z.B. molekularpathologische Befunde, TNM-Angaben, Kommentierung im Befund). Sollte aus diesen Angaben hervorgehen, dass es sich bei den Tumorherden um 2 eigenständige Tumore handelt, so sind auch zwei Tumore zu dokumentieren.
Fehlen die Information des Behandlers/Diagnostikers zur Festlegung bei Mehrfachangaben zur Histologie, sollten dennoch folgende Erfassungen vermieden werden:
vom klinischen Fall abweichende histologischen Zuordnungen,
falscher Zweittumore (Doppeltumore),
die Zusammenführung zweier unabhängige Tumoren mit gleicher Histologie bzw. Zugehörigkeit zu einer Histologiegruppe (z.B. 2 Adenokarzinome)
Dazu kann die nachfolgend dargestellte und beschriebene Vorgehensweise mit Hilfe der Tabelle 1 und 2 als ein qualifiziertes Instrument zur Entscheidungsfindung herangezogen werden.
Entscheidungsalgorithmus bei Vorlage von mehr als einer Gewebeprobe:
Vorgehensweise zur Dokumentation bei mehr als einer Gewebeprobe zur klinischen Fallunterscheidung - Tabelle 2
Zusätzlich zu der zuvor genannten Konstellation, eine Biopsie / Zytologie und nachfolgend ein Resektat, können abweichend dazu Befunde verschiedener Gewebeproben vorliegen, so dass die Entscheidung, ob ein oder zwei Tumoren vorliegen, erforderlich ist:
unterschiedliche Entnahmeorte (Primärtumor-, regionäres Lymphknoten- oder Metastasengewebe, transbronchiale Nadelaspiration (regionäre Lymphknoten oder Primärtumor) oder Zytologie
unterschiedliche zeitnahe Befunde im Rahmen der Diagnosesicherung (ggf. mehrere Untersucher mit verschiedenen Anteilen der Gewebeproben)
Hierfür müssen grundsätzlich alle zu Verfügung stehenden Angaben des Behandlers/Diagnostikers berücksichtigt werden.
Sollte aus diesen Angaben hervorgehen, dass es sich bei den Tumorproben um 2 eigenständige Tumore handelt, so sind auch zwei Tumore zu dokumentieren.
Wenn keine gegenteiligen Befunde zu Verfügung stehen und diese Informationen auch nicht eingeholt werden können, kann die Tabelle 27 zur Anwendung kommen. Es kann durch Anwendung dieser Regeln nicht ausgeschlossen werden, dass in einigen Fällen zwei unabhängig voneinander bestehende Tumore zu einem zusammengefasst werden oder ein biologischer Tumor als zwei Fälle dokumentiert wird. Daher sollte auch das vorliegende Material berücksichtigt werden, bzw. die jeweilige Diagnosesicherheit in absteigender Reihenfolge: Resektat → Biopsie/Stanze → Zytologie. Ebenso sollte berücksichtigt werden, dass Gewebeproben eines Primärtumors meist genauere diagnostische Ergebnisse liefern als die eine Metastase. Liegt eine referenzpathologische Begutachtung vor, so ist diese bezüglich der Diagnose bevorzugt zu berücksichtigen.
8254/3 gemischtes muzinöses und nicht-muzinöses Adenokarzinom der Lunge
8560/3: Adenosquamöses Adenokarzinom
Hinweis auf 2 Tumore? → Nein
Adenosquamöses Karzinom ein Resektat → Ja
8560/3 Adenosquamöses Karzinom
Im klinischen Fall ist die Diagnose eines adenosquamösen Karzinoms nur möglich, wenn die Gewebeprobe(n) aus einem Tumor beide histologische Typen, Adenokarzinom und Plattenepithelkarzinom, aufweist.
Unterscheidung zwischen synchronen und metachronen Tumoren?
Großzelliges neuroendokines Karzinom
weitere Gewebeprobe
Kombiniertes großzelliges Karzinom
8013/3 großzelliges neuroendokrines Karzinom
8012/3 großzelliges Karzinom o.n.A.
8070/3 Plattenepithelkarzinom o.n.A.
8071/3 Verhornendes Plattenepithelkarzinom
8083/3 basaloides Plattenepithelkarzinom
8082/3 lymphoepitheliales Karzinom
8140/3 Adenokarzinom o.n.A.
8230/3 solides Adenokarzinom
8250/3 lepidisches Adenokarzinom
8252/3 muzinöses Adenokarzinom in situ
8253/3 muzinöses Adenokarzinom der Lunge
8254/3 gemischtes muzinöses und nicht-muzinöses Adenokarzinom der Lunge
8260/3 papilläres Adenokarzinom
8265/3 mikropapilläres Adenokarzinom
8480/3 kolloidales Adenokarzinom
8551/3 azinäres Adenokarzinom
8333/3 fetales Adenokarzinom
8144/3 Adenokarzinom vom intestinalen Typ
8560/3 Adenosquamöses Adenokarzinom
8022/3 Pleomorphes Karzinom
8031/3 Riesenzellkarzinom
8032/3 Spindelzellkarzinom
8980/3 Karzinosarkom
Nicht mehr in WHO (sollen nicht mehr verwendet werden)
8078/3 Plattenepithelkarzinom mit Hornbildung
8481/3 schleimbildendes Adenokarzinom
8246/3 Neuroendokrines Karzinom o.n.A.
8574/3 Adenokarzinom mit neuroendokriner Differenzierung
8013/3 kombiniertes großzelliges Karzinom
Kombiniertes großzelliges neuroendokrines Karzinom: am häufigsten mit Adenokarzinomen zusammen, aber auch mit allen anderen nicht neuroendokrinen NSCLC.
Karzinoid (neuroendokriner Tumor)
weitere Gewebeprobe
-90 % der Tumore werden reseziert, daher Einordnung nach Resektat. Kombination mit nicht neuroendokriner Tumorkomponente ungewöhnlich.
-Einordnung zwischen typisches Karzinoid und atypisches Karzinoid an Biopsie und Zytologie häufig nicht möglich àdann Karzinoid Tumor, NOS
8240/3 Karzinoid Tumor, NOS/ Neuroendokriner Tumor, NOS
8240/3 Typisches Karzinoid/ Neuroendokriner Tumor Grad 1
8240/3 Karzinoid Tumor, NOS/ Neuroendokriner Tumor, NOS
8249/3 Atypisches Karzinoid/ Neuroendokriner Tumor Grad 2
8249/3 Atypisches Karzinoid/ Neuroendokriner Tumor Grad 2
Histopathologisches Grading der Lunge - Tabelle 3
Das Grading für invasive Karzinome erfolgt nach den aktuellen Richtlinien der WHO4,5.
In der nachfolgenden Tabelle 3 sind die nur die Histologischen Typen mit entsprechendem Morphologie-Code angegeben, bei denen ein Grading vorausgesetzt, bzw. nach S3-Leitlinie8oder TNM9 empfohlen wird.
Gut differenziert (Grad 1): prädominant lepidisch ohne oder mit weniger als 20% eines gering differenziertem Wachstumsmuster
Mäßig differenziert (Grad 2): Prädominant azinäres oder papilläres Wachstumsmuster ohne oder mit weniger als 20% eines gering differenzierten Wachstumsmuster
Schlecht differenziert (Grad 3): Jeder Tumor mit ≥ 20% eines gering differenzierten Wachstumsmuster (solide, mikropapillär, kribiform oder komplex glandulär)
(Quelle WHO einfügen)
8333/3 fetales Adenokarzinom
Low Grade (L) und High Grade (H)
Unterscheiden sich in der Morphologie und im Markerprofil.
High-Grade: häufig in Kombination mit anderer Adenokarzinom- Komponente (hepatoid, enteric, konventionell) und high-grade neuroendokrine Karzinome
Plattenepithelkarzinome
Gradingstufen
8070/3 Plattenepithelkarzinom, NOS
8071/3 verhornendes Plattenepithelkarzinom
8072/3 nicht verhornendes Plattenepithelkarzinom
8082/3 lymphoepitheliales Karzinom
8083/3 Basaloides Plattenepithelzellkarzinom
Angabe Grad 1 bis 3 möglich, aber kein etabliertes Gradingsystem gem. WHO
Adenosquamöses Karzinom
Gradingstufen
8560/3 Adenosquamöses Karzinom
Keine WHO-Empfehlung für ein Gradingsystem
Angabe Grad 1 bis 3 gem. S3-Leitlinie7 möglich
Großzelliges Karzinom der Lunge
Gradingstufen
8012/3 Großzelliges Karzinom der Lunge
Keine WHO-Empfehlung für ein Gradingsystem
Wenn im Pathobefund kein Grading angegeben ist, kann gem. TNM8Grad 4 (undifferenziert) verwendet werden.
Karzinome vom Speicheldrüsentyp
Gradingstufen
8200/3 Adenoidzystisches Karzinom der Lunge
Grad 1 bis 2 = Low Grade (Verlust von 14q, röhrenförmiges = Grad 1 oder rippenförmiges Wachstumsmuster = Grad 2)
Grad 3 bis 4 = High Grade (Verlust von 1p, 6q, und 15q, typischerweise ein schlecht differenziertes (Grad 3) = solides Wachstumsmuster Adenokarzinom oder anaplastisches (undifferenziertes) Karzinom)
Anm.: Grading analog Speicheldrüse
8430/3 Mucoepidermoides Karzinom der Lunge
Low Grade (Zytologisch unauffällige, Muzin absondernde, squamoide und intermediäre Zellen)
High Grade (atypische Muzin-sezernierende, squamoide und intermediäre Zellen - Übergang von niedriggradigen zu hochgradigen Bereichen, keine Keratinisierung, zentrale Lage und kein Carcinoma in situ)
8310/3 Hyalinisierendes klarzelliges Karzinom der Lunge
(ausschließlich) Low Grade (niedriggradige Epithelzellen im variablen Bereichen von Zellen mit klarem Zytoplasma und Zellen mit eosinophilem Zytoplasma, innerhalb eines myxohyalinen und sklerotischen Stromas)
8249/3 Atypisches Karzinoid/ Neuroendokriner Tumor Grad 2
Grad 1 bis 2
Unterscheidung typisches Karzinoid und atypisches Karzinoid anhand der Mitosezahl (<2 Mitosen (TC) und 2-10 Mitosen (AC) und Vorhandensein von Nekrosen.
TNM
Die TNM-Klassifikation erfolgt entsprechend der aktuellen TNM-Auflage und gilt für Karzinome der Lunge, eingeschlossen kleinzelliger und nichtkleinzelliger Karzinome sowie bronchopulmonaler Karzinoide. Sie gilt nicht für Sarkome oder andere seltene Tumoren9.
Hervorzuheben sind an dieser Stelle die drei N-Kategorien9,11. Die Kategorisierung erfolgt entsprechend des Tumorbefall in den 14 Leveln des Lymphabflussgebietes. Im Pathologiebefund sind diese oftmals in Verbindung mit Probeentnahmen mittels EBUS-Stanzen erwähnt, bei OP-Resektaten eventuell nur oder auch beschreibend.
Kann eine Zuordnung zu einer N-Kategorie (z.B.: N2 oder N3) nicht eindeutig erfolgen, soll die Mindestkategorie (N2) dokumentiert werden.
N-Kategorie
Level
Beschreibung
N-Kategorie
Level
Beschreibung
N0
0 - 14
Keine regionären Lymphkontenmetastasen.
N1
10 - 14 ipsilateral*
Pulmonale Lymphknoten: peribronchial, lobär [12], intrapulmonal / interlobär [11], hilär [10], segmental [13], subsegmental und subdiaphragmal (max. 2 cm zum Zwerchfell) [14]
N1
Sonderfall (1 -13)
Befalls durch direkte Ausbreitung des Primärtumors je nach Sitz in ein benachbartes Level auf den gesamten Lymphabfluss (alle Level) bezogen.
bis auf Level 7 (subkarinal), alle Lymphknotenlevel, die auf der entgegengesetzten Lungenseite der Primärtumorlokalisation gelegenen sind.
Die T-Kategorie (1 (mi, a, b, c) 2 (a, b) 3, 4) ist über Tumorgröße und die Ausbreitung in benachbarte Strukturen des Primärtumors definiert, die M-Kategorie unterscheidet nach thorakalen Fernmetastasen (1a), sowie extrathorakalen Fernmetastasen in einem (1b) oder mehreren Organen (1c).
Bereits die cTNM-Angaben sind unentbehrlich, um ein Tumor-Stadium (UICC-Stadium) bilden zu können. Das Tumor-Stadium definiert die Therapieoptionen und wird unter anderem, dann auch in Kombination mit dem pTNM, nach OP oder auch mittels Biopsien aus regionären Lymphknoten- oder Fernmetastase, für die Voraussage der Prognose, der Vergleichbarkeit des Überlebens (mit und ohne Tumorerkrankung) und Behandlungsergebnissen benötigt.
Beispiele für korrekte Anwendung der TNM-Klassifikation:
PET/CT mit Primärtumor im linken OL von 1,5 cm, keine regionären Lymphknotenmetastasen, keine Fernmetastasen
cT1b cN0 cM0
PET/CT mit Primärtumor im linken OL von 3,5 cm mit Satellitenherd im linken OL von 1,2 cm, hiläre Lymphknotenmetastasen, im MRT Schädel Nachweis 1 isolierten Hirnmetastase, diese wird nach einer Biopsie mikroskopisch bestätigt.
cT3 cN1 pM1b
PET/CT mit Primärtumor im linken OL von 5 cm mit Infiltration des Mediastinums, mediastinale Lymphknotenmetastasen beidseits und 1 Metastase linke Nebenniere
cT4 cN3 cM1b
PET/CT mit Primärtumor im linken OL von 5 cm mit Infiltration des Mediastinums, mediastinale Lymphknotenmetastasen beidseits, pulmonale Metastasen rechts und Metastasen beide Nebennieren, EBUS-Stanze im kontralateralen Level 9
cT4 pN3 cM1c
Weitere Klassifikationen
Die aufgeführten Klassifikationen können über “weitere Klassifikationen” gemeldet werden.
Subklassifikation des Stadiums IIIA (nach Robinson)
Das Stadium IIIA kann nach der sogenannten Robinson Klassifikation8 weiter unterteilt (IIIA1-4) werden und kann zusätzlich zum TNM angegeben werden. Auch dies ist notwendig, um die optimale Therapie für jeden Patienten festzulegen.
Untergruppe
Beschreibung
Untergruppe
Beschreibung
IIIA1
inzidentelle Lymphknotenmetastasen in einer oder mehreren Lymphknotenstationen nach postoperativer Aufarbeitung im Präparat
IIIA2
intraoperativer Nachweis von Lymphknotenmetastasen in einer mediastinalen Lymphknotenstation (intraoperativer Schnellschnitt) und ggf. Abbruch des Eingriffs ohne Resektion
IIIA3*
präoperativer Nachweis von Lymphknotenmetastasen in einer oder mehreren Lymphknotenstationen (PET, Mediastinoskopie, Biopsie), potentiell resektabel
IIIA4
ausgedehnte (‚bulky‘) oder fixierte N2-Metastasen oder Metastasen in mehreren Lymphknotenstationen (mediastinale Lymphknoten > 2 – 3 cm) mit extrakapsulärer Infiltration; nicht resektabel
*klinisch ist in diesem Stadium eine weitere Unterteilung in unilevel (U) und multilevel (M) sinnvoll
Regressionsgrad nach Junker
Angabe des Regressionsgrads8,10 nach neoadjuvanter Therapie. Der Regressionsgrad ist nicht mit dem histologischen Grading gleichzusetzen und daher auch nicht im Feld Grading zu dokumentieren.
Regressionsgrad
Beschreibung
Regressionsgrad
Beschreibung
I
Keine oder nur spontane Tumorregression im Bereich von Primärtumor und mediastinalen Lymphknoten
4 WHO Classification of Tumours Editorial Board. Thoracic tumours. Lyon (France): International Agency for Research on Cancer; 2021. (WHO classification of tumours series, 5th ed.; vol.5)
5 WHO Classification of Tumours of the Lung, Pleura, Thymus and Heart, WHO Classification of Tumours, 4th Edition, Volume 7 Edited by Travis WD, Brambilla E, Burke AP, Marx A, Nicholson AG, 2015
6 Dickie L., Johnson, CH., Adams, S., Negoita, S. (May 2023). Solid Tumor Rules. National Cancer Institute, Rockville, MD 20850
7 Plattformbeschluss (ausstehend)
8 Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms, Langversion 2.1, 2022, AWMF-Registernummer: 020/007OL https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/lungenkarzinom/; Zugriff am 06.05.2023
10 Springer, Die Pathologie, Apoptose und Tumorregression bei neoadjuvant behandelten lokal fortgeschrittenen nichtkleinzelligen Lungenkarzinom, K. Junker, K.-M. Müller, U. Bosse, F. Klinke, A. Heinecke, M. Thomas