Verantwortlich: Carolina Valtin (BW), Marion Liebig (ST), Cindy Müller (MV)
Co-Autoren: Carolin Kuhl (HE), Thorsten Wicker (HH)
Eigenschaften
Die Diagnose ist der erste wesentliche Schritt in der Dokumentation einer Tumorerkrankung. Mit dieser beginnt die Erkrankung, alle weiteren Meldeanlässe folgen darauf (≥ Diagnosedatum). Für die Meldung einer Diagnose sollte die Krebserkrankung hinreichend gesichert und die Ausbreitungsdiagnostik (Staging) abgeschlossen sein. In begründeten Ausnahmefällen (bspw. Ablehnung durch Patient:in, vorzeitiges Versterben etc.) kann eine weniger vollständige Diagnosemeldung übermittelt werden.
Reine Verdachtsdiagnosen sind nicht meldepflichtig.
Es sind die zum Diagnosezeitpunkt aktuellen Klassifikationen (ICD, ICD-O, TNM, etc.) zu verwenden.
Wer eine Patientin/einen Patienten nur weiterbehandelt, ohne die Diagnose selbst gestellt zu haben, ist nur zur Meldung der selbst erbrachten Weiterbehandlung (z.B. OP, medikamentöse Therapie,, Verlaufskontrollen) verpflichtet, aber nicht zur Diagnosemeldung
Status der Validierung | ||||||||||||||
BW | BY | BB | HB | HH | HE | MV | NI | NW | RP | SL | SN | ST | SH | TH |
Erweitern | ||||
---|---|---|---|---|
| ||||
|
Allgemeines
Die Diagnosemeldung ist ein wesentlicher Bestandteil der Krebsregistrierung und bildet die Grundlage für die präzise Erfassung und Klassifikation von Krebserkrankungen. Sie umfasst eine detaillierte Erfassung der Tumoreigenschaften, die durch Klassifikationssysteme wie die TNM-Klassifikation, den Tumortyp, die Lokalisation und den Morphologie-Code nach ICD festgelegt werden. Darüber hinaus fließen Bewertungssysteme ein, die Informationen über das Tumorstadium, das Grading und spezifische Tumormerkmale liefern. In zunehmendem Maße gewinnen auch Biomarker und genetische Marker an Bedeutung, um eine personalisierte Therapie zu ermöglichen und die Behandlung individuell anzupassen [1].
Der Allgemeinzustand der Patientin oder des Patienten stellt einen weiteren entscheidenden Faktor für die Behandlungsentscheidung dar. Dieser wird häufig durch den Karnofsky- oder ECOG-Status dokumentiert, wobei in manchen Fällen eine Rückversicherung erforderlich ist, falls diese Werte nicht explizit in der ärztlichen Dokumentation vermerkt sind. Eine präzise Erfassung dieser Daten ist unerlässlich, um eine optimale und auf den Patienten abgestimmte Behandlungsstrategie zu entwickeln.
Für die Diagnosemeldung in der Krebsregistrierung ist es von zentraler Bedeutung, dass stets die aktuellen Klassifikationen zum Zeitpunkt der Diagnose verwendet werden, um die Erfassung der Erkrankung auf dem neuesten Stand zu halten. Wenn eine Patientin oder ein Patient weiterbehandelt wird und im Rahmen zusätzlicher Untersuchungen neue diagnostische Informationen gewonnen werden, müssen diese als ergänzende Diagnosemeldung übermittelt werden. Eine neue Diagnosemeldung ist jedoch nicht erforderlich, wenn keine neuen Erkenntnisse zur Diagnose vorliegen oder die Behandlung bereits begonnen oder abgeschlossen wurde, beziehungsweise wenn es sich um Folgereignisse wie Rezidive oder Progressionen handelt.
Die sorgfältige und vollständige Dokumentation der Diagnose trägt nicht nur zur klinischen Versorgung bei, sondern auch zur Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der Krebsforschung.
Merkmale und Ausprägungen
ID (oBDS) | Merkmal | Ausprägungen | Beschreibung |
---|---|---|---|
5.1 | Primärtumor Tumordiagnose ICD Code | Alphanumerischer Code |
Die ICD-10 ist die 10. Version der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten (amtliche Klassifikation zur Verschlüsselung von Diagnosen).
Die ICD-O-3 ist die Internationale Klassifikation der Krankheiten für die Onkologie. Gliederung in Topographie/Lokalisation (= Ursprung) des Tumors und Morphologie (Histologie). Nähere Beschreibung unter Histologie.
Beispiele:
1. Melanom:
ICD-O C44.- = ICD-10 C43.-
2. Multiples Myelom:
ICD-O C42.1 = ICD-10 C90.0
3. Chronische lymphatische Leukämie:
ICD-O C42.1 = ICD-10 C91.1
siehe Tumorzuordnung | |||
5.2 | Primärtumor Tumordiagnose ICD-Version | Alphanumerischer Code | Angabe der zur Kodierung verwendeten ICD-10-GM Version Hinweis: Es ist die zum Diagnosezeitpunkt aktuelle Version zu verwenden ( |
entsprechend der im Diagnosejahr geltenden ICD- |
Version). | |||
5.3 | Primärtumor Tumordiagnose Text | Freitext | Bezeichnung der meldepflichtigen Erkrankung nach ICD-10-GM. |
5.4 | Primärtumor Topographie ICD-O | Alphanumerischer Code | Angabe der Topographie (= Lokalisation) einer Erkrankung nach der aktuellen ICD-O Version. |
5.5 | Primärtumor Topographie ICD-O-Version | Alphanumerischer Code | Angabe der zur Kodierung verwendeten ICD-O Version Hinweis: Es ist die zum Diagnosezeitpunkt aktuelle Version zu verwenden (aktuell: ICD-O-3, 2. Revision 2019). |
5.6 | Primärtumor Diagnosedatum | TT.MM.JJJJ |
Datum, an dem die meldepflichtige Diagnose erstmals hinreichend klinisch oder histologisch diagnostiziert wurde. Ab wann eine Diagnose als hinreichend gesichert angesehen wird, liegt im Ermessen des behandelnden Arztes bzw. der behandelnden Ärztin. Verdachtsdiagnosen sind nicht zu melden.
Das Diagnosedatum setzt sich laut ENCR (ENCR, 2022) folgend zusammen:5.“Reihenfolge in abnehmender Priorität:
1. Datum der ersten histologischen oder zytologischen (einschließlich Durchflusszytometrie, Liquid Biopsy) Bestätigung dieses Malignoms (mit Ausnahme der Histologie oder Zytologie bei einer Autopsie). Dieses Datum sollte in der folgenden Reihenfolge angegeben werden:
a) Datum der Entnahme der Probe
b) Datum des Probeneingangs beim Pathologen
c) Datum des Pathologieberichts.
2. Datum des ersten positiven genomischen/molekularen Tests zur Diagnose dieser bösartigen Erkrankung (siehe Beispiele)
3. Datum der Einweisung in das Krankenhaus wegen dieser bösartigen Erkrankung.
4. Wenn nur ambulant (nicht stationär) untersucht wurde: Datum der ersten ambulanten Konsultation wegen dieser bösartigen Erkrankung.
5. Datum der Diagnose, anders als 1, 2, 3 oder 4, zum Beispiel:
a) Datum des ersten positiven Tumormarker-Tests, der für diese bösartige Erkrankung diagnostiziert wurde
b) Datum der ersten bildgebenden Untersuchung (einschließlich PET, CT oder MRT), die für diese bösartige Erkrankung diagnostiziert wurde
c) Datum der ersten Tumorboard-Besprechung für diese bösartige Erkrankung.
6. Todesdatum, wenn keine weiteren Informationen außer der Tatsache, dass der Patient an einer bösartigen Erkrankung gestorben ist, verfügbar sind.
7. Todesdatum, sofern die bösartige Erkrankung bei einer Autopsie festgestellt wird.” (*1)
siehe Tumorzuordnung | ||
5.7 | Primärtumor Diagnosesicherung (= primäre Diagnosesicherung, da sowohl ein Primärtumor als auch eine Metastase der Diagnosesicherung dient) | seit XML-Version 3.0.2 : |
Höchste erreichte Diagnosesicherheit der Diagnose nach Abschluss der Diagnostik (bis maximal 92 Tage nach Diagnosedatum)
Der Grad der Diagnosesicherung soll gemäß der ENCR-Empfehlung |
Dieser gibt an, mit welcher Untersuchungsmethode die Diagnose sicher gestellt werden konnte:
1 = klinisch: Die Diagnose wurde vor dem Tode gestellt, jedoch ohne die folgenden Maßnahmen (Schlüsselnummern 2 bis 8), z.B. durch Inspektion, Palpation
2 = klinische Diagnostik: apparative Untersuchungstechniken, einschließlich Röntgen, Endoskopie, bildgebender Verfahren, Ultraschall, explorativer Eingriffe (wie Laparotomie) und Autopsie, aber ohne Gewebsuntersuchung
4 = Spezifische Tumor-Marker: Zusätzlich biochemische und/oder immunologische Marker, die für einen bestimmten Tumorsitz spezifisch sind
5 = Zytologie: Untersuchung von Zellen aus einem primären oder sekundären Sitz, einschließlich der aus durch Endoskopie oder durch Punktion gewonnenen Aspiraten; beinhaltet auch die mikroskopische Untersuchung (z.B. des peripheren Blutes, Liquor oder Knochenmarkpunktaten), Immunphänotypisierung mittels Durchflusszytometrie und eine Liquid Biopsy bei Fehlen eines histopathologischen Befundes
7.1 = Histologische Untersuchung eines Primärtumors: Histologische Untersuchung des Gewebes aus einem Primärtumor, gleich wie es gewonnen wurde; inklusive aller Schnitt-Techniken und Knochenmarkbiopsien
7.2 = Histologische Untersuchung einer Metastase: Histologische Untersuchung des Gewebes aus einer Metastase (gilt auch beiCUP-Syndrom = Metastasen ohne Ursprungstumor (Deutsches Krebsforschungszentrum, 2023))7.3 = Histologie der Autopsie: Histologische Untersuchung von Tumorgewebe gleich wie es gewonnen wurde; inklusive aller Schnitt-Techniken und Knochenmarkbiopsien,
d.h. Erstdiagnose ohne weitere Histologie vor der Autopsie
8 = Zytogenetisch und/oder molekularer Test: Nachweis von tumorspezifischen genetischen Anomalien und genetischen Veränderungen im Tumor einschließlich Verfahren wie Karyotypisierung, FISH (Fluoreszenz in situ-Hybridisierung), PCR (Polymerase-Ketten-Reaktion)
Viele Tumoren weisen genetische Anomalien oder Veränderungen auf. Nur wenige sind spezifisch für die Diagnose bestimmter Krebserkrankungen. Nur wenn die genetische Anomalie oder Veränderung spezifisch für eine solche Krebserkrankung ist, soll Diagnosesicherung Code 8 angewendet werden. In den meisten Fällen sollte die Anomalie oder Veränderung vorliegen (z.B. Chronisch myeloische Leukämie CML, BCR-ABL1 positiv ist 9875/3). Es gibt es aber auch Krebsdiagnosen, die durch das Fehlen einer genetischen Anomalie oder Veränderung gekennzeichnet sind (z.B. Glioblastom IDH-Wildtyp ist 9445/3). Diagnosesicherung Code 8 trifft auf beide Beispiele zu. (*2)
9 (unbekannt) möglichst nicht zu verwenden
Die Diagnosemeldung soll von dem Melder gemeldet werden, der die Diagnose gestellt hat - diesem sollte auch die Diagnosesicherung bekannt sein.
Diagnose-Meldungen mit der Ausprägung ‚9‘ oder leer – wenn dem Melder aufgrund follow back/auswärtigen Informationen tatsächlich keine Informationen darüber vorliegen – werden aber auch angenommen.
von 2022 angewendet werden. Bei unterschiedlichen Angaben zum selben Diagnoseanlass wird die höherwertige Diagnosesicherung berücksichtigt [2]. Die Reihenfolge für die beste Information bei mehreren Angaben lautet: | |||
5.8 | Primärtumor Seitenlokalisation | L = links | siehe Tumorzuordnung |
5.9 | Frühere Tumorerkrankungen | Freitext und/oder alphanumerisch | Anamnestisch vorbekannte, frühere Tumorerkrankungen mit Angabe des Diagnosejahres; ausformulierte Diagnose oder |
kodiert nach ICD-10 GM |
Erweitern | |||||||||||||||||||||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| |||||||||||||||||||||||||||||||||
1Diagnosesicherung „0“ ist im oBDS nicht erwähnt, weil DCO-Meldungen das Register über andere Meldewege erreichen. 2Diagnosesicherung „9“ ist im Manual der Krebsregistrierung [4] nicht erwähnt, weil bei Übermittlung einer Meldung eine gesicherten Diagnose Grad 1 - 8 vorliegen muss. |
Weitere Merkmale und Module
Quellen |
---|
[1] DKFZ. ( |
13.02.2025)https://www.krebsinformationsdienst.de/ |
ENCR. (15. 03 2022). Recommendation - Festlegung des Inzidenzdatums. Von https://encr.eu/sites/default/files/Recommendations/ENCR%20Recommendation%20DOI_Mar2022_DE_2022-11-29.pdf abgerufen
untersuchungen-bei-krebs/diagnose-und-befunde-bedeutung#c8521 abgerufen. [2] ENCR. (20.10.2022). Recommendation - Grad der Diagnosesicherung. Von https://encr.eu/sites/default/files/Recommendations/ENCR%20Recommendation%20BoD_Oct2022_DE.pdf abgerufen |
[3] BfArM. ( |
19.12.2024). Anleitung zur Verschlüsselung. Von https://klassifikationen.bfarm.de/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2024/zusatz-04-vor-anleitung-zur-verschluesselung.htm abgerufen [4] M. Meyer et al. (2019). Manual der Krebsregistrierung (S. 88). München: W. Zuckschwerdt Verlag GmbH. |